Montag, 31. Dezember 2018

2018: Vom Versuchen, Scheitern und Wiederaufstehen

Ich weiß nicht, wie es euch Anfang 2018 ging. Ich jedenfalls war bereit für ein besseres, ein gutes Jahr. Ich wollte versuchen, den Crohn einzufangen, körperlich wieder fitter werden, und beruflich einige Ideen umsetzen...und vielleicht auch mal wieder eine Nacht durchtanzen.

Aber wie das so ist, Wünsche und Realität liegen manchmal auseinander. Die Grippewelle des letzten Winters erfasste auch mich. Wochenlang schlug ich mich damit rum und als ich das endlich überwunden hatte, hielt der Norovirus Einzug. Zwar nur für 24 Stunden, dennoch war ich danach und nach den ganzen Antibiotika vorher geschwächt. Der Versuch, den Crohn einzufangen scheiterte erstmal, stattdessen breitete er sich nun auch in Magen und Speiseröhre aus, was zur Folge hatte, dass ich mich mit ziemlicher Regelmäßigkeit übergeben musste. So kotzte (entschuldigt die Wortwahl) ich mich also durch die erste Jahreshälfte und egal, ob auf Hochzeiten (wobei ich dort tatsächlich fast eine Nacht durchtanzte), während der Arbeit oder unserem Städtetrip nach Hamburg: meine Zahnbürste und Fresubin waren meine ständigen und besten Begleiter (mal von meinem "schmerzfreien" Freund abgesehen, der das alles mit stoischer Ruhe und dem ihm eigenen Humor -"Gute Nacht, Lieblingskotzi!"- aushielt). Irgendwann im Juni ließen diese Beschwerden dann endlich nach. Ich atmete durch. Aber nur kurz, denn nun schien mit meiner Blase etwas nicht zu stimmen, es war immer Blut im Urin. Und auch dort wurde der Crohn vermutet, weshalb ich mich im Juni einer kleinen OP unterziehen musste. Aber, yeay, dort trieb dieser Herr nicht sein Unwesen, ich war erleichtert, ging wieder arbeiten und war dann bereit für unseren Sommerurlaub: Sommer, Sonne, griechisches Essen und mediterrane Leichtigkeit.

Tja, so war jedenfalls vorher meine Vorstellung. Ich war bereit für eine Auszeit vom Kranksein, wollte mich nur erholen und Kraft für den Rest des Jahres tanken. Aber weit gefehlt, der Crohn hatte wieder andere Pläne. Bereits zu Beginn scheiterten meine Pläne als klar wurde, dass ihm das Essen, das eigentlich super war und das ich natürlich immer vorsichtig aussuchte, nicht gefiel. Mein Freund musste also oft alleine essen, wenn ich mal wieder zur Toilette gesprintet war. Das zog sich auch durch die Nächte und wurde von heftigen Krämpfen begleitet. Kurzum, ich musste mit dem Cortison und allen mir zur Verfügung stehenden Medikamenten hochgehen und auch, wenn wir einen schönen Ausflug mit Eselsritt machten, weit von unserer Toilette konnte ich mich nicht fortbewegen. Und trotzdem hoffte ich als wir abreisten, dass ich mich doch etwas erholt hatte und bereit für Job und Leben war.

Aber Pustekuchen. Nach wenigen Tagen war mir klar, dass es nur mit kämpfen ging: und zwar ab morgens aus dem Bett zu kommen, über mittags Essen zu kochen, bis abends den Krimi zuende anschauen. Mal von der Arbeit abgesehen, auf der ich eigentlich keinen Tag verpassen wollte, was ungefähr bis zur 2. Woche funktionierte. Ich sah meine noch vorhandenen Kraftreserven schwinden. Hinzukamen immer stärker werdende Bauchschmerzen, die ich zuerst auschließlich dem Crohn zuordnete. Da mir meine Ärztin zustimmte und uns zudem mal wieder auffiel, dass ich bereits seit 4 Jahren durchgängig Cortison bekam, begann ich mit Stelara. Trotzdem wurden die Schmerzen schlimmer, das Gefühl, als hätte ich einen Tennisball im Unterleib, gesellte sich dazu. Meine Frauenärztin bestätigte dieses Gefühl, als sie eine große Schwellung im Gebärmutterhals feststellte und mich ins Endometriosezentrum überwies. Da ich kaum noch laufen konnte, musste ich mich nun komplett krankmelden, um jetzt erstmal "aufzuräumen".

Im November unterzog ich mich dann einer Bauchspiegelung...die dann allerdings in eine mehrstündige OP mündete, da auch die Ärztin "aufräumte" und mich von Polypen, Verwachsungen und Endometriose befreite. Und tada: noch eine chronische Diagnose, willkommen in meiner Sammlung. Trotzdem merkte ich kurz nach der OP, dass sich der Bauch besser, weicher, leichter anfühlte. Die wahnsinnigen Schmerzen, die mich so lange begleitet hatten, waren weg. Aber ich brauchte in den darauf folgenden Tagen und Wochen echt viel Geduld. Ich musste mich ruhig verhalten, viel liegen und durfte nur langsam mit Spaziergängen und nun auch leichten Dehn- und Kräftigungsübungen beginnen. Und ich schlug mich mit den Gedanken an dieses Jahr herum. So viel war geschehen, so viele Versuche unternommen... und an manchen Tagen fragte ich mich, wie es wohl weitergehen würde, was als nächstes käme und (ein bisschen melodramatisch) ob es bis zur Rente wohl so weitergehen würde?

Nun, was als nächstes kommt, weiß ich natürlich nicht. Aber ich kann im Moment sagen, dass ich am Ende dieses Jahres weniger Schmerzen als zu Beginn habe. Ich bin jeden Tag ein bisschen fitter, kann wieder mehr machen, alleine oder mit meinen Freunden. Ich plane meine Wiedereingliederung im Job. Ob Stelara hilft, kann ich noch nicht sagen. Dass ich mit dem Cortison seit der OP runtergehen kann, sehe ich aber. Zum ersten Mal seit Jahren halte ich es für möglich, dass ich es im Laufe von 2019 tatsächlich ausschleichen kann. Ich wäre froh und meine Nebennierenrinde, die laut Blutwerten zur Zeit ziemlich ramponiert ist, würde sicher eine kleine Party feiern. Ob 2019 "mein Jahr" wird, wie es diverse Zeitschriften versprechen, weiß ich nicht und damit möchte ich mich auch gar nicht beschäftigen. Für mich zählt gerade der Moment. Realistisch ist, dass auch 2019 gute wie schlechte Dinge passieren werden und dass ich zwischendurch das Gefühl habe, an diesem Körper zu scheitern...um dann die Herausforderungen anzunehmen und zu meistern. Denn es geht weiter. It goes on, das steht seit einigen Jahren auf meinem Handgelenk und weiterhin finde ich das sehr beruhigend. Aber auch aus Samuel Becketts Zitat spricht für mich eine ironische Wahrheit, mit der ich euch ins neue Jahr und gerade ganz entspannt und mit einem Lächeln im Gesicht entlassen möchte:
(Quelle: https://pin.it/cbtezba5xr47pa. Letzter Zugriff: 31.12.2018)

Kommt also gut ins neue Jahr! Ich wünsche euch eins mit viel Humor, wenig Beschwerden, lieben Menschen und ganz viel Zuversicht!

Bis 2019,
Josie