Samstag, 26. Mai 2018

Punk is not dead

Als wir vorgestern Abend unser Auto legal und in akzeptabler Stadionnähe geparkt hatten, war ich zwar bereit für das erste Konzert seit langem, aber Aufregung und Sorge um Toiletten in der Nähe trübten meine Freude noch etwas. Wie würde es nur werden? Nachdem ich festgestellt hatte, dass es bereits auf der Bottroper Straße genug Toiletten gab und sich die 30.000 Menschen doch besser als gedacht verteilten, z.B. biertrinkend am Straßenrand sitzend und der "guten alten Zeit" gedenkend, wurde ich schon ruhiger. Und ich nahm wahr, dass wir bei weitem weder die ältesten, noch die spätesten Fans waren. So stiegen allerhand Menschen in Anzügen aus ihren A3s, zogen sich ihre Hosen-Shirts an und verwandelten sich in noch unaufgewärmte Altpunks. Bierbäuchige Mitvierziger parkten ihre A-Klassen etwas schief am Straßenrand und hatten große Sorge, dass sie abgeschleppt würden und Paare mit einem letzten Hauch von rot in den Haaren und einem Cocktail-to-go in der Hand fragten sich, ob sie die 1,4 km bis zum Stadion schaffen würden oder ob der Shuttlebus nicht ne gute Alternative wäre. Kurzum, wir waren weder die einzigen, die die meisten Vorbands nicht mitgekamen. Wir waren auch nicht die einzigen mit Sitzplatz, weil stundenlanges Stehen einfach nicht drin war. Ich stellte mir also die Frage: "Is punk dead?!"

Ihr lieben CEDler: kennt ihr das Gefühl? Nach harter Zeit, in der ihr viel absagen musstet bzw. euch gar nicht mehr getraut habt, euch noch zu verabreden, beruhigt sich der Darm etwas, die Kraft kommt wieder und Körper und Geist atmen durch. Aber mal so richtig. Puuuh! Und dann passiert noch was besonders Tolles, ein Konzert zum Beispiel und plötzlich fühlt ihr euch wie der glücklichste Mensch auf der Welt und kostet den Moment mal so richtig aus. Diesen Moment erlebte ich als ich in meinem frisch erstandenden T-Shirt, mit einem lecker' Getränk in der einen und meiner Lieblingshand in der anderen Hand sowie viel Sonne im Gesicht den Auftritt der Hosen erwartete. Pure Bliss!  Es war soweit und ich hatte es ohne "Unfälle" hierhin geschafft:) 

Diese Freude wuchs umso mehr, als ich feststellte, dass wir am Anfang einer Sitzreihe und nur ca. 15 Schritte von der nächsten Toilette entfernt saßen. Nicht nur das machte mich ruhiger, auch die Tatsache, dass die anderen Mitdreißiger bis -sechziger auch oft aufs Klo mussten und Tempos verschenkt und Toilettenpapier schwesterlich geteilt wurde. Lapidar meinte mein Freund nur: "Punk is not dead!" haha, war das ja wohl geklärt...und ich wurde ruhiger und konnte alle Sorgen von vorher langsam abstreifen. Als Campino, der inzwischen auf die 56 zugeht und deutlich fitter als die meisten seiner Fans schien, dann irgendwann im Laufe des Abends meinte: "Heute morgen fühlte ich mich wie 75, heute Mittag wie 62 und jetzt HALBSTARK!" stimmten nicht nur alle begeistert in das Lied ein, sondern stimmten aus vollem Herzen zu. Ich hatte mich jedenfalls selten halbstärker als am Donnerstag Abend gefühlt.

Und auch wenn ich mich jetzt nach dem Konzert gefühlt irgendwo zwischen 62 und 75 eingependelt habe; auch wenn ich gestern ein Vorgespräch wegen einer Blasen-OP hatte, die wohl aufgrund des Crohn bald durchgeführt werden muss; auch wenn ich schlichtweg einige Zeit zum Wiederaufbau brauche: ich bin happy, dass ich bei dem Konzert war, dass Charisma und Energie der Band sich für mich wieder auf die Lieder von CD übertragen (jaja, ich weiß, es gibt auch iTunes usw. aber ihr wisst ja: die gute alte Zeit...:) und dass der Crohn in dieser zweischneidigen Beziehung echt nicht immer die Oberhand hat.

Und wenn ich heute Abend das Champions League-Finale anschaue, natürlich Liverpool anfeuere und wieder "YOU'LL nEVER WALK ALONE" mitgröle, dann weiß ich eins: "Punk is (definitely) not dead!"

Euch wünsche ich auch einen wunderbaren Abend - egal, ob mit oder ohne Fußball - und genau so tolle Erlebnisse, die Spaß machen und Kraft geben.

Macht es gut. So long,
Josie